Lili Boulanger: Vieille Prière bouddhique für Tenor, Chor und Orchester (1917)

Prière quotidienne pour tout l’univers

 

Lili Boulanger

geboren 21. August 1893
gestorben 15. März 1918 in Mézy-sur-Seine bei Paris

 

Komposition und Uraufführung:

Komponiert: 1914-17

uraufgeführt posthum 9. Juni 1921, Salle Pleyel, mit Henri Büsser (Leitung), Gabriel Paulet (Tenor) und Nadia Boulanger (Piano).

 

Lili Boulanger blieben nur 7 Jahre Zeit zum Komponieren. Sie starb mit 24 Jahren an Tuberkulose. Sie war seit ihrer Jugend kränklich, was ein geregeltes Musikstudium verhinderte. Dennoch gewann sie mit 19 Jahren als erste Frau überhaupt den renommierten Rom-Preis des Pariser Konservatoriums. Sie stammte aus einer traditionsreichen Musikerfamilie, auch ihre ältere Schwester Nadia Boulanger war Komponistin.

 

Der Untertitel der erst posthum herausgegebenen Komposition Vieille Prière bouddhique  heisst: „Prière quotidienne pour tout l’univers: Lili Boulanger vertonte hier einen wunderbaren buddhistische Gebetstext für Frieden und Toleranz, bekannt unter dem Namen «Metta sutta» und übersetzt auf französisch von Suzanne Karpelès. Zu bemerken ist, dass das Werk inmitten des 1. Weltkriegs 1917 entstand.

 

So wie der Gebetstext Anliegen eines interreligiösen Dialogs der Weltreligionen hervorhebt, so verbindet die Komposition gregorianische und asiatische Melismen. Dabei setzt sich die Kargheit des Chorklanges ab vom romantischen Religionsverständnis der süsslichen Stimmung.

 

Hier zu hören!

 

Hörbegleiter:

(Mit Zitaten von Konstantin Galluhn, 2010)

 

Musikalisch baut die Vertonung dieses Gebets auf einer einzigen Melodie auf (in der Kirchentonart Phrygisch C, einer Molltonleiter mit erniedrigter zweiter Stufe,  in der Tradition oft auch in Begräbnis-Musiken verwendet).

«Bass und Alt tragen zusammen die erste Strophe unisono vor. Dabei lassen sich zwei melodische Grundfiguren erkennen, die im Verlauf des Stückes wiederkehren: Zum einen ist das die zweitaktige Formel des Anfangs, welche sich durch intensive Wiederholung des Tones g auszeichnet. Der punktierte Rhyth-mus trägt zur Bewegung bei, während der Tritonusrahmen eine gewisse melodische Spannung erzeugt.


Die zweite melodische Figur lässt sich – sozusagen als Pendant zur ersten – in den Takten 11 und 12 vorfinden. Die melodische Spannung fällt hier durch die Quintbegrenzung geringer aus. Durch ständige Wiederholung dieser beiden Formeln wird ein Gebetseindruck erzeugt, der an orientalische Musik oder auch frühe christliche Kirchenmusik erinnert.» (Konstantin Galluhn).

In einem längeren Zwischenspiel übernimmt eine Soloflöte meditativ die Motive aus den ersten zwei Strophen und variiert sie.

 

Ein Tenor beginnt solo die dritte Gebetsstrophe. Bei «qui sont déchus» strauchelt gleichsam auch die Musik und wird dissonant. Am Schluss der Strophe kommen die Bass- und Sopranstimmen des Chors hinzu und imitieren die Melodie des Solotenors. Ein Summchor beschliesst diese Strophe.


Mächtig setzen jetzt Chor und Streicher unisono mit der vierten Strophe ein. «Auch hier wird das Thema wieder imitatorisch behandelt (Takt 85) und schließlich zu großer Expressivität gesteigert. Eine kurze Coda (ab Takt 98) beschließt das Werk: Ein allmählich anwachsendes Crescendo des textlosen Chores kann noch einmal den Ausdruck steigern – bis zum strahlenden Schlussakkord im dreifachen Forte.» (Konstantin Galluhn).









Que toute chose qui respire, sans ennemis, sans obstacles, surmontant la douleur et atteignant le bonheur, puisse se mouvoir librement, chacune dans la voie qui lui est destinée.

 

 

 

 





Que toutes les créatures et partout, tous les esprits et tous ceux qui sont nés, sans ennemis, sans obstacles, surmontant la douleur et atteignant le bonheur, puisse se mouvoir librement, chacun dans la voie qui lui est destinée.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Que toutes les femmes, que tous les hommes, les Aryens et les non Aryens, tous les dieux et tous les humains et ceux qui sont déchus, sans ennemis, sans obstacles, surmontant la douleur et atteignant le bonheur, puisse se mouvoir librement, chacun dans la voie qui lui est destinée. 



En Orient et en Occident, au Nord et au Sud, que tous les êtres qui existent, sans ennemis, sans obstacles, surmontant la douleur et atteignant le bonheur, puisse se mouvoir librement, chacun dans la voie qui lui est destinée.









Möge alles, was Odem hat, ohne Feinde, ohne jede Behinderung, den Schmerz überwinden und Glückseligkeit erlangen, und sich in Freiheit bewegen, ein jeder auf dem Weg, der seine Bestimmung ist.

 

 

 

 




Mögen alle Geschöpfe von überall her, alle Geister, und alles, was existiert, ohne Feinde, ohne jede Behinderung, den Schmerz überwinden und Glückseligkeit erlangen, und sich in Freiheit bewegen, ein jeder auf dem Weg, der seine Bestimmung ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mögen all die Frauen, all die Männer, die Arier und die Nicht-Arier, alle die göttlich, alle die menschlich, und alle, die gestrauchelt sind, ohne Feinde, ohne jede Behinderung, den Schmerz überwinden und Glückseligkeit erlangen, und sich in Freiheit bewegen, ein jeder auf dem Weg, der seine Bestimmung ist. 

Im Morgenland und Abendland, Norden und Süden, möge alles, was sonst noch existiert –

ohne Feinde, ohne jede Behinderung, den Schmerz überwinden und Glückseligkeit erlangen, und sich in Freiheit bewegen, ein jeder auf dem Weg, der seine Bestimmung ist.

Hinweis für Musikinteressierte:

Website: Unbekannte Violinkonzerte

Erstelle deine eigene Website mit Webador